Seit dem 1. September 2025 können die Gesellschafter einer GmbH („OOO“) in Russland in der Satzung die Ausübung des Vorkaufsrechts für Anteile am Stammkapital einer GmbH ausschließen. Die entsprechenden Änderungen wurden durch Föderalgesetz Nr. 186-FZ vom 7. Juli 2025 „Über die Änderung von Artikel 21 des Gesetzes „Über Gesellschaften mit beschränkter Haftung” verabschiedet.
Bis zur Verabschiedung der Änderungen sahen das GmbH-Gesetz und das russische Zivilgesetzbuch eine solche Möglichkeit nicht vor. Die Rechtsprechung war in dieser Frage jedoch nicht ganz eindeutig. Der Oberste Gerichtshof kam in seinem Beschluss vom 11. Juni 2020 Nr. 306-ES19-24912 in der Rechtssache Nr. A65-3053/2019 zu dem Schluss, dass eine allgemeine Präsumption der Dispositionsfreiheit der Regelung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung besteht, die es den Gesellschaftern ermöglicht, in der Satzung jegliche Beschränkungen der Veräußerung von Anteilen, einschließlich des Vorkaufsrechts, auszuschließen.
Seit 1. September 2025 sind die Gesellschafter einer GmbH nunmehr berechtigt:
- die Anwendung der Bestimmungen über das Vorkaufsrecht für Anteile in Bezug auf alle Gesellschafter aus der Satzung auszuschließen;
- die Anwendung der Bestimmungen über das Vorkaufsrecht für Anteile in Bezug auf einen oder mehrere Gesellschafter auszuschließen, die in der Satzung namentlich genannt sind oder bestimmte Kriterien erfüllen (z.B. einen Anteil am Stammkapital in bestimmter Höhe haben);
- die Anwendung der Bestimmungen über das Vorkaufsrecht an bestimmte Umstände, eine Frist oder eine Kombination davon knüpfen.
Beim Verkauf eines Anteils durch einen in der Satzung der Gesellschaft genannten Gesellschafter unterliegt der neue Gesellschafter nicht automatisch den Beschränkungen der Satzung.
Die Gesellschaften selbst müssen jetzt Listen der Gesellschafter führen, für die Beschränkungen des Vorkaufsrechts vorgesehen sind, und diese Informationen den Gesellschaftern auf Anfrage unverzüglich zur Verfügung stellen.
Angesichts dieser Gesetzesänderung ist ein kürzlich entschiedener Rechtsstreit über die Ungültigkeit eines Geschäfts zum teilweisen Erwerb eines Anteils am Stammkapital einer GmbH durch Vorzugsrecht bemerkenswert (Beschluss des Arbitragegerichts des westsibirischen Bezirks (https://ras.arbitr.ru/Document/Pdf/faf36ae2-024a-41be-a6ed-38519a0df73b/010755e6-7176-49ba-aefc-9c58e981d867/%D0%9045-28909-2024__20250710.pdf?isAddStamp=True vom 10. Juli 2025 in der Rechtssache Nr. А45-28909/2024).
Die teilweise Annahme des Angebots von 0,3% anstelle der angebotenen 50% wurde als Missbrauch des Vorkaufsrechts eingestuft und stellte gleichzeitig einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar. Es handele sich im Wesentlichen um ein neues Angebot und nicht um eine Annahme eines bestehenden Angebots. Die Ausübung des Rechts auf Erwerb eines unbedeutenden Anteils beeinträchtige die Interessen des verkaufenden Gesellschafters. In diesem Fall wurden die Urteile der ersten und der Berufungsinstanz aufgehoben und der Fall zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.
Die Neuerungen ermöglichen es den Gesellschaftern nun, alle Bedingungen für die Ausübung ihres Vorkaufsrechts in Bezug auf die Beziehungen in der GmbH im Voraus in der Satzung zu vereinbaren, damit diese später nicht vor Gericht geklärt werden müssen. Die Gesetzesänderung erweitert damit nicht nur den gestalterischen Spielraum bei russischen GmbH, sondern bringt auch mehr Rechtssicherheit.