Die russische Regierung plant in Kürze einen Gesetzesentwurf „Über die externe Administration für die Verwaltung von Organisationen" ins russische Parlament einzubringen, der u.a. das Verfahren zur Einsetzung einer Fremdverwaltung bei russischen Gesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern aus so genannten „unfreundlichen Staaten“ regelt.
Der Gesetzesentwurf wurde bereits von der „Regierungskommission für gesetzgeberische Tätigkeiten“ genehmigt. Am 16. März haben die Steuerbehörde und die Zentralbank ihre Kommentare geäußert. Ob und wann der Gesetzesentwurf ins Parlament, die Duma, eingebracht wird, steht derzeit noch nicht fest.
Ziel des Gesetzes ist es zu verhindern, dass Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen ihre Tätigkeiten in Russland grundlos bzw. aus politischen Motiven einstellen und somit Arbeitsplätze und die russische Wirtschaft insgesamt gefährdet werden.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Fremdverwaltungsfunktion auf das staatliche Unternehmen "VEB.RF" (staatliche Investitionsgesellschaft zur Förderung russischer Entwicklungsprojekte), die u.a. die treuhänderische Verwaltung staatlichen Vermögens ausübt, zu übertragen ist. Bei Finanzorganisationen, also insbesondere Banken, soll diese Funktionen die „Agentur für Einlagenversicherung“, die als Insolvenzverwalterin für insolvente Banken auftritt, übernehmen.
Allerdings ist die Fremdverwaltung nur bei größeren Unternehmen vorgesehen, die folgende Kriterien erfüllen:
- die ausländische Beteiligung aus einem „unfreundlichen Staat“ liegt über 25%;
- der Buchwert der Aktiva der Gesellschaft nach dem letzten Jahresabschluss über RUB 1 Milliarde (ca. EUR 8,2 Mio.) beträgt oder die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter im Monat vor dem Antrag auf Bestellung der Fremdverwaltung mehr als 100 Personen beträgt und
- die Tätigkeiten der Gesellschaft unter der Verletzung der gesetzlichen Vorschriften eingestellt wurde.
Der Antrag auf Bestellung einer Fremdverwaltung wird von einem Mitglied des Vorstands (Aufsichtsrates) der Organisation oder von der Föderalen Steuerbehörde gestellt.
Die Arbitragegerichte haben unverzüglich über die Bestellung einer Fremdverwaltung zu entscheiden (spätestens am Werktag nach Eingang des entsprechenden Antrags). Gleichzeitig erlässt das Gericht einstweilige Maßnahmen, die die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen, die Entlassung von Arbeitnehmern auf Initiative des Arbeitgebers, die Kündigung von wesentlichen Verträgen sowie den Abschluss bestimmter Geschäfte verbieten.
Die Fremdverwaltung kann für bis zu drei Monaten eingeführt werden und bis auf sechs Monate verlängert werden. Innerhalb dieser Frist sollen die Anteile der Organisation durch Versteigerung verkauft werden. Der Neugesellschafter ist verpflichtet, mindestens 2/3 der Arbeitsplätze zu erhalten und die Tätigkeit mindestens ein Jahr fortzuführen. Alternativ könnten die Anteile/Aktien auf Vorschlag der Steuerbehörde in treuhänderische Verwaltung an den russischen Staat übertragen werden.
Eine vorzeitige Abberufung der Fremdverwaltung ist möglich, wenn die Gesellschafter/Aktionäre, die mehr als 50% der stimmberechtigten Aktien/Anteile am Gesellschaftskapital halten, beschließen, die Gesellschaft zu reaktivieren (auch durch Veräußerung oder treuhänderische Übertragung der Aktien/Beteiligungen). Die Absicht der Gesellschafter, das Unternehmen tatsächlich weiterzuführen, unterliegt dabei einer gerichtlichen Überprüfung.
In der aktuellen Version des Gesetzesentwurfes sind keine Entschädigungen für ausländische Gesellschafter im Falle der Zwangsenteignung vorgesehen. Die russische Steuerbehörde hat aber vorgeschlagen, diese Frage im Gesetz explizit zu regeln und festzuschreiben, dass der Versteigerungserlös nach Abzug der entstandenen Kosten und der Zahlungen an die Gläubiger an die Gesellschafter überwiesen wird oder so lange einbehalten wird, bis eine Überweisung möglich ist.
Russland hat mit vielen Staaten Investitionsschutzabkommen geschlossen, die Investoren vor Enteigungen schützen und Entschädigungszahlungen bei Enteignungen vorsehen. Inwieweit die Investitionsschutzabkommen greifen und effektiven Schutz bieten, bleibt abzuwarten.