Durch Gesetzesänderungen wurde zum 1. Januar 2020 in Russland praktisch ein Öffentlicher Glaube des Immobilienregisters eingeführt. Zudem wird nunmehr die Gutgläubigkeit des Erwerbers einer Immobilie gesetzlich vermutet. Dadurch soll insgesamt der Rechtsfrieden verbessert werden, insbesondere im Hinblick auf die post-sowjetischen Privatisierungen.
In Artikel 8.1. des Zivilgesetzbuches (ZGB) wurde klarer definiert, was unter einem „gutgläubigen Erwerber“ zu verstehen ist. Ein Käufer ist danach dann gutgläubig, wenn er Informationen über die Immobilie bei Rosreestr – dem staatlichen Immobilienregister – angefordert hat und der entsprechende Auszug über das jeweilige Immobilienobjekt keine Information über anhängige Rechtsstreitigkeiten, Belastungen, Einsprüche oder Sonstiges enthält. Der Erwerber kann insoweit darauf vertrauen, dass die Angaben im Immobilienregister richtig und abschließend sind. Allerdings bedeutet dies auch, dass sich der Erwerber aktiv zu erkundigen hat. Wenn er dies unterlässt, können ihm sämtliche negative Eintragungen entgegengehalten werden.
Die Beweislast, dass der Erwerber dennoch bösgläubig war, er also die Rechtsmängel oder die Nichtberechtigung des Veräußerers kannte oder kennen musste, obliegt nunmehr den Behörden bzw. dem Antragsteller.
Weitere Rechtssicherheit bringt die neu eingeführte Anfechtungsfrist für öffentliche Stellen und Behörden. Eine Anfechtung des Eigentums ist nach drei Jahren ab Eintragung ausgeschlossen. Dies gilt auch für den gutgläubigen Eigentumserwerb durch unentgeltliche Privatisierungen (Artikel 302 ZGB). Dies soll das Kapitel der Privatisierung weitestgehend schließen.
Außerdem wurde im ZGB die Verjährungsfrist für Erwerber konkretisiert (Art. 234 ZGB). Die Verjährung beginnt an dem Tag, an dem die Immobilie auf den gutgläubigen Erwerber übergeht, spätestens jedoch mit Eintragung des Eigentumsübergangs im Immobilienregister.
Dies schützt vor allem gutgläubige Erwerber von rechtswidrig privatisierten Immobilien bei Veräußerungsketten. Die Rückforderungsmöglichkeiten der Behörden und Dritter sind nunmehr deutlich eingeschränkt.
Darüber hinaus haben gutgläubige Erwerber bzw. Eigentümer nunmehr Entschädigungsansprüche, wenn ihre Immobilie – z.B. vor Ablauf der Verjährungsfrist - vom Staat eingezogen wird. Die Entschädigungssumme soll der Höhe des tatsächlichen Schadens entsprechen oder dem Katasterwert – der allerdings regelmäßig unter dem Marktwert liegt. Die Entschädigungsansprüche müssen innerhalb von drei Jahren geltend gemacht werden. Die Entschädigungsansprüche gelten auch rückwirkend und umfassen daher auch zurückliegende staatliche Einziehungen. Der Staat kann unredliche Veräußerer, für die eine rechtswidrige Eigentumseintragung erfolgt ist, seinerseits in Regress nehmen.