Doppelbesteuerungsabkommen

Das Deutsch-Russische Doppelbesteuerungsabkommen von 1996 (DBA) spielt eine große Rolle bei der Investitionstätigkeit deutscher Unternehmen in Russland. An erster Stelle stehen dabei die Steuervergünstigungen, die das DBA vorsieht und in der Praxis breite Anwendung finden. Zu diesen Vergünstigungen zählen insbesondere:

 

  • der reduzierte Steuersatz von 5% auf ausgezahlte Dividenden bei Vorliegen einer qualifizierten Beteiligung an der die Dividende ausschüttenden Gesellschaft: Der Dividendenempfänger ist ein bezugsberechtigtes Unternehmen mit einer unmittelbaren Stammkapitalbeteiligung von mindestens 10% an einer russischen Gesellschaft und der Anteilswert beträgt mindestens EUR 80.000 oder den entsprechenden Wert in RUB;
  • die Befreiung von der Quellensteuer für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren, sofern der Einkommensempfänger auch der Nutzungsberechtigte ist.

Zu beachten ist, dass der Dividendenempfänger zur Anwendung des ermäßigten Quellensteuersatzes bei der Zahlung von Dividenden aus der Russischen Föderation nach Deutschland der deutschen Körperschaftsteuer unterliegt. Kommanditgesellschaften können diese Vergünstigung daher in der Regel nicht nutzen (mit Ausnahme von Kommanditgesellschaften auf Aktien) und der Quellensteuersatz für sie beträgt 15%.

 

Der deutsche Einkommensempfänger hat zur Bestätigung des Rechtes auf das entsprechende Einkommen (Nutzungsberechtigung) der russischen Gesellschaft vor der Zahlung eine Ansässigkeitsbescheinigung sowie ein Schreiben mit Übersetzung ins Russische, das das Recht auf das Einkommen bestätigt, vorzulegen. Die von der zuständigen deutschen Behörde erhaltenen und auf dem amtlichen Formular in der russisch-deutschen Fassung erstellten Ansässigkeitsbescheinigungen benötigen keine Apostille.

 

Das DBA enthält auch weitere Sonderregelungen für andere Einkommensarten, insbesondere für Einkünfte aus der Veräußerung von Vermögen, unselbständiger und selbstbeständiger Arbeit, Ruhegehälter sowie für andere Einkünfte.

 

Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Besteuerung gleicher Einkommen/Vermögen in Russland und Deutschland) sieht das Abkommen folgende Mechanismen vor:

  • für in Russland ansässige Personen kann die in Deutschland gezahlte Steuer von der in Russland gezahlten Steuer abgezogen werden;
  • für in Deutschland ansässige Personen kann die in Russland gezahlte Steuer entweder von der in Deutschland gezahlten Steuer abgezogen werden oder das entsprechende Einkommen/Vermögen kann in Deutschland von der Besteuerung befreit werden.

In zweifelhaften Fällen einer Doppelbesteuerung oder der fehlerhaften Anwendung des DBA durch die Steuerbehörden eines der Staaten können Unternehmen ein Verständigungsverfahren zwischen den zuständigen Behörden dieser Staaten einleiten (in Russland ist die zuständige Behörde das Finanzministerium der Russischen Föderation). Verständigungsverfahren sind langwierig und aufwändig, ermöglichen jedoch die Vermeidung der Doppelbesteuerung in Situationen, in denen die Steuerbehörden beider Staaten beanspruchen, Steuern auf dasselbe Einkommen zu erheben, und der Steuerpflichtige keine Möglichkeit hat, den Mechanismus zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden.

 

Ähnliche Bestimmungen, Befreiungen und Vergünstigungen sind in anderen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehen, die Russland mit den meisten europäischen Staaten abgeschlossen hat. Zu beachten ist jedoch, dass in Bezug auf viele Abkommen (z.B. mit Österreich) bereits die Bestimmungen des Multilaterales Instruments (MLI)[1], die die Anwendung steuerlicher Vergünstigungen zusätzlich einschränken, anwendbar sind. Allerdings findet das MLI für Deutschland und die Schweiz keine Anwendung.

 

Einer der neuesten Trends ist der politische Kurs Russlands, Vergünstigungen/Befreiungen in Bezug auf Zinsen und Dividenden in den Doppelbesteuerungsabkommen mit sogenannten „Transit-Jurisdiktionen“ auszuschließen. Diese Vergünstigungen wurden bereits von den Abkommen mit Zypern, Malta und Luxemburg ausgenommen, und die Verhandlungen mit der Schweiz zu diesem Thema sind in naher Zukunft zu erwarten. Was die Niederlande betrifft, konnte keine Einigung über die Ausschließung der Vergünstigungen erzielt werden, Russland hat daher die Entscheidung getroffen, das DBA mit den Niederlanden ab 2022 zu kündigen.

 

[1] Das Mehrseitige Übereinkommen zur Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung vom 2016