Steuerrecht und Steuerverfahren​

Das russische Steuerrecht und die Rechtsanwendungspraxis im Bereich Steuern entwickeln sich in Russland nach wie vor mit großer Dynamik. Neben den gesetzlichen Bestimmungen des russischen Steuergesetzbuches spielen insbesondere auch die Erläuterungen des russischen Finanzministeriums und des Föderalen Steuerdienstes, die „Präzedenzbeschlüssen“ des Obersten Gerichtshofs sowie die Bestimmungen der Doppelbesteuerungs- und MLI-Abkommen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus gibt weitere einschlägige steuerliche Regelungen auf  föderaler Ebene (z.B. für Sozialversicherungsbeiträge) als auch regionaler Ebene (z.B. in Bezug auf die Grundsteuer- oder Investitionssteuerabzüge), die zu beachten sind.

 

Im Vergleich zu anderen Staaten gelten in Russland moderate Steuersätze: der Gewinnsteuersatz beträgt 20%, der Mehrwertsteuersatz 20 % und der Einkommenssteuersatz für Ansässige 13% bzw. 15%. Dividenden, die russische Unternehmen erhalten, werden mit 13% und für ausländische Unternehmen mit 15% besteuert, wobei für einige Länder auf der Grundlage von Doppelbesteuerungsabkommen die Möglichkeit der Anwendung von ermäßigten Sätzen besteht.

 

Außerdem sieht das russische Steuerrecht eine umfangreiche Liste von vergünstigten Steuerregimen für bestimmte Branchen vor (so kann beispielsweise der Gewinnsteuersatz für IT-Unternehmen auf 3% gesenkt werden). Derzeit ist auch die Einführung eines neuen Steuerregimes für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) geplant. Darüber hinaus gelten für KMU bereits ermäßigte Sozialversicherungsbeiträge. Einen kurzen Überblick über die russische Steuergesetzgebung finden Sie auf unserer Website im Leitfaden „Steuerleitfaden Russland“ in der Rubrik „Infocenter“.

 

Angesichts der relativ moderaten Gesamtsteuerbelastung und einer Reihe von Steuervergünstigungen werden die Geschäfte, an denen ausländische Unternehmen und ihre Tochtergesellschaften und Filialen sich beteiligen, in der Praxis häufig von den russischen Steuerbehörden genau geprüft. Dabei spielen Formalitäten nach wie vor eine große Rolle. Fehlende Dokumente zu Transaktionen und Geschäften des operativen Geschäfts können die Rechtsposition der Steuerpflichtigen erheblich schwächen. Nach den offiziellen Statistiken über Steuerstreitigkeiten werden immer weniger Steuerauseinandersetzungen zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden.

 

Trotz den inzwischen umfangreichen gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen sind nach wie vor viele Fragen unzureichend oder gar nicht geregelt. So ist zum Beispiel das Verfahren der steuerlichen Vorprüfungsanalyse gesetzlich nicht verankert, obwohl der jeweilige Steuerpflichtige im Rahmen dieses Verfahrens aufgefordert werden kann, seine Steuersummen nach oben zu korrigieren. Dies bietet zwar einerseits eine gewisse Handlungsfreiheit, denn wenn der Steuerpflichtige mit den Ergebnissen der Vorprüfungsanalyse nicht einverstanden ist, ist eine Nachberechnung der Steuer nur aufgrund einer auswärtigen Steuerprüfung möglich. Andererseits entsteht durch fehlende Rechtsvorschriften eine gewisse Rechtsunsicherheit in der Praxis, die für Unternehmen meist nachteilig ist. Dies gilt auch bei Widersprüchen in verschiedenen Rechtsvorschriften und Erläuterungen. Außerdem können die Anwendung der MLI-Bestimmungen ab 2021 sowie die Änderungen der internationalen Doppelbesteuerungsabkommen mit einer Reihe von europäischen Staaten, die bereits eingeführt wurden und derzeit diskutiert werden, das Investitionsklima erheblich beeinflussen.

 

Wir beraten unsere Mandanten in allen Fragen des russischen Steuerrechts und vertreten sowohl ausländische Unternehmen als auch deren russische Tochtergesellschaften in Steuerstreitigkeiten. Unsere Anwälte und Steuerberater verfügen über weitgehende Expertise im russischen und internationalen Steuerrecht. Einige unserer Mitarbeiter haben Berufserfahrung bei den russischen Steuerbehörden, was für unsere Mandanten von zusätzlichem Nutzen sein kann.